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Geschichtswissenschaft und Krieg – Die Belagerung ist vorbei. Doch das intellektuelle Klima Sarajevos hat seit dem Friedensschluss nichts gewonnen. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 26. Februar 2004 ![]() Für November 1992 war in Sarajevo eine Tagung über die Geschichte der Juden in Bosnien geplant. Anlass war ein trauriger Jahrestag: 500 Jahre zuvor vertrieb das Königreich Spanien seine Juden. Viele dieser sephardischen Juden flüchteten auf den Balkan, unter anderem nach Bosnien. Es ist eine grausame Ironie des Schicksals, dass zum Zeitpunkt der Tagung Sarajevo selbst Opfer eines Kriegs war, in dem Menschen aufgrund ihrer ethnisch-religiösen Identität vertrieben wurden, in dem Kriegsparteien versuchten, «feindliche» Kulturen zu zerstören wie seinerzeit die katholischen Könige das spanische Judentum.
Armut und Krankheit, politische Gewalt und ökonomische Gewalt, Heiratsverbot und Zwangspsychiatrisierung, Kinderkriegen und Kindersterben: Wie viel lässt sich vom Leben zufällig ausgewählter Menschen aus dem 19. Jahrhundert rekonstruieren? – «WOZ Die Wochenzeitung vom 18.12.2003 Es war ein trister Frühling nach einem zu langen Winter. Wenn Johann Kumschick, Leonz Oetterli oder auch Kaspar Pfenniger keine Wolke und keinen der seltenen Sonnenstrahlen zu Gesicht bekamen, so drang das Wetter doch mit seiner Kälte und Feuchtigkeit bis zu ihnen vor: in die Luzerner Jesuitenkirche. Zwei Monate verbrachten sie hier, in der in ein Notgefängnis umfunktionierten, mit Stroh ausgelegten, zum barocken Stuck- und Freskohimmel stinkenden Kirche, einen offenen Bottich als Abort in ihrer Mitte. Ausgerechnet in der Jesuitenkirche waren sie eingesperrt, zusammen mit hunderten, die wie sie am 31. März ausgezogen waren, um gegen die Berufung der Jesuiten zu kämpfen und gegen die konservative Regierung; ausgerechnet hier also sassen sie für ihre liberale Gesinnung oder für die Gesinnung derer, von denen sie abhingen auf Gedeih und Verderb.
Das Jahr 1846 gilt als das Geburtsjahr der schmerzfreien Operation, und schon bald nach dem «Durchbruch» in den USA operierten auch Chirurgen in Europa mithilfe von Schwefeläther schmerzfrei – Schweizer Ärzte gehörten zu den ersten.
Allerdings sieht bei näherer Betrachtung alles etwas anders aus: Es gab selbstverständlich eine Vorgeschichte, und es gab schon vor 1846 Chirurgen, die schmerzfrei operierten. Als die Anästhesie Ende 1846 dann «offiziell» wurde, war der Jubel in den Medien groß – aber keineswegs war es so, dass ab sofort kein Operationspatient mehr Schmerzen leiden musste (und wollte!). Die Geschichte der Anästhesie in der Schweiz zeigt einerseits große regionale Unterschiede. Sie zeigt andererseits, wie auch die Geschichte der Anästhesie eine Geschichte widerstrebender Interessen ist. Und einige Quellen korrigieren das Bild der einhelligen Begeisterung über die neue Errungenschaft. Meine Lizenziatsarbeit entstand bei Jakob Tanner an der Forschungsstelle für Sozial- und Wirtschaftswissenschaft der Universität Zürich. > PDF zum Download |
AutorMarcel Hänggi, Zürich Themen
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