Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen Mittag. Kopenhagen Bella Center. Eben komme ich von einer Pressekonferenz mit US-Außenministerin Hillary Clinton. Das Interesse der Presse war natürlich riesig; umso mehr vielleicht noch, als sie zu einem Zeitpunkt stattfand, da die Stimmung auf einem Tiefpunkt angelangt ist.
Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen 17 Uhr. Kopenhagen Bella Center. In der heutigen WOZ schreibe ich über die Situation der kleinen Inselstaaten. Hier eine Ergänzung: Ich komme soeben von der Pressekonferenz des Ministerpräsidenten Tuvalus Apisai Ielemia. Sein Statement war kurz und klar - viel gibt es nicht zu sagen. Ein paar Auszüge:
Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen 18 Uhr. Kopenhagen Bella Center. Andreas Fischlin getroffen, den ETH-Klimaforscher in der Schweizer Delegation. Er hat die Nacht bis 3.30 Uhr früh durchverhandelt und sieht etwas mitgenommen aus. Dafür ist er vorsichtig zufrieden: Es ist gelungen, einen Entwurf für ein REDD-Abkommen auszuarbeiten, und darin spielt ein «s» eine wichtige Rolle. REDD iost einer der wichtigen Nebenschauplätze neben der Finanzierung und der Frage, welches Land wie viel Treibhausgase reduziert. Das Kürzel steht für «Reducing Emissions from Deforestation in Developing Countries», also Reduktion von Emissionen aus der Entwaldung in Entwicklungsländern. Dabei sei es namentlich gelungen, ein «s» einzufügen, gegen das sich vor allem die US-AmerikanerInnen lange gewehrt hatten. Doch erst etwas Hintergrundinformation:
Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen Kurz nach Mittag. Kopenhagen Bella Center. Um 11 Uhr plötzlich Lärm. Ich meine zuerst, irgendwo werde eine Demo per TV übertragen, doch dann rennen die Journalisten aus dem Pressezentrum raus. Draußen: vielleicht 200, 300 NGO-VertreterInnen (schwer zu schätzen, da sich unter ihnen sehr viele Journalisten befinden) und Delegierte, die sich (wie angekündigt) nach draußen begeben, um die DemonstrantInnen, die von draußen kommen und das Konferenzzentrum stürmen wollen, zu verstärken. (Die Polizei hat heute früh bereits ein paar Hundert AktivistInnen in der Stadt festgenommmen; die Metro fuhr nicht mehr bis zum Konferenzzentrum, die Polizei war nervös.)
Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen 18 Uhr. Kopenhagen Bella Center. Die Interpretationen dessen, was hier an der Klimakonferenz abgeht, gehen weit auseinander. Eine extreme, aber bemerkenswerte Sicht vertritt der grüne deutsche Bundestagsabgeordnete und ehemalige Leiter des Berliner Büros des Wuppertal Instituts für Umwelt, Energie und Klima Hermann Ott: Kopenhagen ist nur Show, denn das Ergebnis steht schon fest - es wurde zwischen den Regierungen der mächtigsten Industrie- und Schwellenländer vorab ausgehandelt. Was ich davon halten soll? Keine Ahnung. Ich will es nicht glauben - aber lesen Sie selber!
Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen 12 Uhr. Kopenhagen Bella Center. Die Blockade hier an der Kopenhagener Klimakonferenz hat unter anderem damit zu tun, dass Industriestaaten, namentlich die USA, sich bis heute weigern, verbindliche Zahlen auf den Tisch zu legen, wie viel Geld sie den ärmeren Ländern zu zahlen bereit sind - um sie für eine «Klimaschuld» zu entschädigen, die aus dem historischen Ausstoß von Treibhausgasen resultiert (die USA anerkennen keinerlei Schuld) und um den wirtschaftliche Schwächeren die Anpassung an den bereits erfolgten Klimawandel sowie auch die Maßnahmen zur Senkung der Emissionen zu ermöglichen. (Dagegen hat Japan soeben eine Zusage gemacht).
Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen 23 Uhr. Kopenhagen. Ab übermorgen beginnt an den Klimakonferenz die MinisterInnenrunde - bis dann sollte ein künftiges Abkommen so weit vorbereitet sein, ass nur noch wenige Details offen sind. Weit, weit ist man davon entfernt. Das zeigte unter anderem der heutige Auszug der Delegierten der Entwicklungsländer aus Protest. Im Wesentlichen ging es um die Frage, ob das Kioto-Abkommen weiter gelten solle oder nicht. Anders als oft geschrieben, läuft das Kioto-Protokoll nicht 2012 aus; dann ist lediglich die erste Verpflichtungsperiode des Protokolls zu Ende. Entwicklungsländer wollen Kioto beibehalten und werfen der dänischen Konferenzleitung vor, Kioto «töten» zu wollen.
Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen 20 Uhr. Kopenhagen. Während an der Klimakonferenz fast nichts sich bewegt, ist rundherum viel los - und es gibt durchaus dieses Gefühl, dass da eine globale Bewegung entstanden ist - auch wenn in den Schweizer Medien (in der Schweiz allgemein) davon bislang zu spüren war. Hier im tcktcktck.org-Center, wo ich arbeite (solange ich nicht ins Bella Center rein komme), hängen an den Wänden Bilder von 350-Aktionen (350.org) rund um die Welt, und an den Bildschirmenwerden Videos gezeigt: Menschen, die vor den Pyramiden von Giseh, vor den Tempeln von Angkor Wat, auf Berggipfeln der Alpen wie des Himalaye, am Strand von Copacabana usw. die Zahl «350» bilden. 350 ppm: so viel Treibhausgase, schätzen WissenschaftlerInnen (die Zahl stammt ursprünglich vom Nasa-Klimatologen James Hansen) darf es in der Atmosphäre haben, um einen katastrophalen Klimawandel abzuwenden (siehe auch hier).
Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen 18 Uhr. Kopenhagen Downtown. Da drinnen findet die Konferenz statt - die «wichtigste seit dem Ende des 2. Weltkriegs», wie der britische Ökonom Nick Stern sagt; andere überbieten das noch - der britische Umweltminister Ed Miliband spricht von «Jalta plus Bretton Woods mal Reykjavik» -, und ich steh draußen. Gestern in Kopenhagen angekommen, erfuhr ich, dass die Registrierungsstelle im Bella Center, wo die Klimakonferenz stattfindet, geschlossen sei. Heute früh um 8 Uhr dort, fand ich eine 500 Meter lange Schlange vor, stellte mich ein, kam langsam vorwärts bis gegen den Eingang - und dann ging gar nichts mehr.
Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen Mittag. Im Zug kurz vor Kopenhagen. Vieles hat sich getan die letzte zwei Tage seit meinem letzten Blog-Eintrag: Seit Freitag liegt ein neuer Entwurf für ein Abkommen auf dem Verhandlungstisch, der bei BeobachterInnen vorsichtigen Optimismus auslöst - er zielt in die richtige Richtung, wenn er auch zu wenig weit in diese Richtung zeilt und viele der strittigsten Punkte noch offen lässt. Es gab schon mehrere Eklats, etwa um einen Vorstoß des Inselstaats Tuvalu, für den der Klimawandel eine Frage von Sein oder Nicht-Sein ist - Tuvalu wird mit seinem Anliegen, als Ziel der Klimapolitik eine maximale Erwärmung von 1,5 statt 2 Grad anzustreben, nach eigenen Angaben von 130 Ländern unterstützt, wobei die führenden Staaten der Verhandlungsgruppe der Entwicklungs- und Schwellenländer, G77 - namentlich Indien und China -, Tuvalu nicht folgen wollen.
Blog von der Klimakonferenmz Kopenhagen Zürich. Noch beobachte ich den Klimagipfel von Zürich aus, und der Kopf ist mir schon ganz Sturm vor lauter Informationen, die elektronisch auf mich einprasseln. Die Zahl der Organisationen - staatliche, nichtstaatliche, Firmen -, die etwas zu Kopenhagen zu sagen hat und das auch tut, ist groß; die aktivsten Mailer bisher sind die Leugner des Klimawandels mit ihrem aggressiv-selbstherrlichen Ton. Beispielsweise das Committee For A Constructive Tomorrow (CFACT), das im Netz Angstmacher-Filmchen von bösen «Energie-Polizisten» verbreitet , die arme Hausfrauen aufsuchen und alle Energie brauchenden Haushaltgeräte beschlagnahmt, während ein Baby schreit. Aktiv sind sie, die Leugner, aber offenbar doch auch ziemlich einsam in Kopenhagen, wie das Center for Media and Democracy berichtet. Das CFACT ist mutmasslich eine der Organisationen von KlimaleugnerInnen, die vom Erdölgiganten (und weltgrößten Konzern überhaupt) ExxonMobil gesponsert wurden, bis ihnen Exxon den Geldhahn zudrehte. Zu den «unabhängigen WissenschaftlerInnen», die das CFACT präsentiert, gehören so illustre Leute wie S. Fred Singer, emeritierter Umwelt-Professor der University of Virginia und Präsident der Anti-Umweltschutzorganisation mit dem lustigen Namen Sepp (Science and Environmental Policy Project) und ebenfalls Geldempfänger von Exxon und Berater dirverser Erdöl-, Automobil- und Flugzeugkonzerne.
Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen Zürich. Nun ist die große Konferenz eröffnet. 34.000 Personen wollten teilnehmen, nur 15.000 haben im Konferenzzentrum in Kopenhagen Platz. Journalisten mussten abgewiesen werden (die WOZ hat sich zum Glück rechtzeitig akkreditiert). Die Reden am Eröffnungstag waren hoffnungsvoll, fordernd, und die Kommentare in den Medien schon am Vortag der Eröffnung plötzlich wieder optimistisch - nachdem Barack Obama sich entschieden hat, die Konferenz nun doch dann zu besuchen, wenn die Entscheide fallen - am 18. Dezember - und nicht rasch auf dem Vorbeiweg nach Oslo zur Friedensnobelpreisverleihung. Dabei hatten viele KommentatorInnen den Gipfel doch bereits für gescheitert erklärt.
Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen Zürich. Am Klimagipfel in Kopenhagen gehen die meisten davon aus, dass Klimaschutz nicht schmerzen muss: Die Wirtschaft könne weiter wachsen, nur etwas grüner. Anders sieht das Klimaexperte Marcel Hänggi. «Tagesgespräch» auf Radio DRS1: Marcel Hänggi zu Gast bei Susanne Brunner
online hören Interview mit Theologieprofessor Reiner Anselm im «Magazin» vom 5. Dezember 2009 ![]() Vor einiger Zeit wartete ich auf die Geburt meiner zweiten Tochter. Ein neues Leben war am entstehen; ein Leben, das, wenn das Kind so lange lebt wie sein Urgroßvater, ins 22. Jahrhundert reichen wird. Gleichzeitig arbeitete ich an einem Buch über den Klimawandel. Ich las Bücher wie «Klimakriege» des Kulturwissenschaftlers Harald Welzer, der in düsteren Farben eine Epoche des Kampfs um Umweltressourcen zeichnet. Las Berichte wie jenen des Uno-Umweltprogramms, der besagt, im Jahr 2025 könnten zwei Drittel aller Menschen unter Wassermangel leiden. Las den Expertenbericht des Weltagrarrats, laut dem es bis 2050 nur dann genug Nahrungsmittel für die ganze Menschheit gibt, wenn sich die Ausrichtung der Landwirtschaft radikal ändert – aber eine solche Änderung ist nicht in Sicht. 2050: Das tönte vor kurzem noch nach ferner Zukunft, nun rechne ich: Dann wird meine Tochter etwa so alt sein wie ich jetzt. Wenn mir deshalb gelegentlich wenig zukunftsfroh zumute war, stellte ich fest, dass geistliche Musik mich aufheiterte. Etwa Kantaten von Johann Sebastian Bach, mit Texten wie: «Da leg ich den Kummer auf einmal ins Grab, / Da wischt mir die Tränen mein Heiland selbst ab.» Dabei bin ich ein areligiöser Mensch. Haben Religionen Antworten auf die Bedrohung des Klimawandels? Könnten sie etwas zur Lösung der Klimakrise beitragen? Reiner Anselm, Theologieprofessor in Göttingen und Leiter des Zentrums für Religion, Wirtschaft und Politik an der Universität Zürich, ist pessimistisch. Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen Zürich. Sich mit dem Klimawandel und der Klimapolitik zu befassen, ist keine schöne Sache. Ob in Kopenhagen ein Abkommen zustande kommt, steht in den Sternen; dass es, wenn es denn gelingt, nicht genügen wird, um eine Klimakatastrophe abzuwenden - für viele Menschen ist der Klimawandel bereits katastrophal -, steht wohl schon fest.
|
AutorMarcel Hänggi, Zürich Themen
Alle
|