Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen Zürich. Heute die Top-Nachricht auf der Homepage der Klimakonferenz: «Spitzenforscher hofft, dass die Kopenhagener Verhandlungen fehlschlagen». James Hansen, herausragender Klimaforscher der Nasa und eine der renommiertesten Stimmen - vielleicht die am schärfsten vor dem Klimawandel warnende Stimme der Klima-Forschergemeinde überhaupt - argumentiert im Interview mit dem britischen «Guardian», der Ansatz des Handels mit Emissionsrechten, den das Kioto-Abkommen von 1997 etabliert hat, sei derart falsch, dass ein neues Abkommen, das dem selben Ansatz folge, schlechter sei als ein Misserfolg in Kopenhagen. Hansen vergleicht - kein neuer Vergleich - den Emissions- mit dem Ablasshandel der katholischen Kirche (der zur Reformation beitrug). Tatsächlich ist der Emissionshandel eine höchst strittige Sache. Die EU hatte sich in den Verhandlungen zum Kioto-Protokoll zunächst dagegen gewehrt, ebenso die Vertreter der Entwicklungs- und Schwellenländer (G77). Heute freilich baut die EU ihre Klimapolitik in erste Linie auf ihr Emissionshandelsschema.
Zürich. «Verschwörung» tönt’s aus allen Rohren derer, die die Klimakrise gerne verharmlosen oder gleich ganz leugnen, der konservativen Medien wie «Fox», «American Spectator» oder, in der Schweiz, «Weltwoche». Hacker haben sich, just vor der Kopenhagener Klimakonferenz, illegalerweise Zugang zu E-Mails der University of East Anglia verschafft. Da fanden sich denn unter Tausenden Mails Aussagen, die, aus dem Kontext gerissen und, nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, in der Öffentlichkeit präsentiert schlecht aussehen: Von «Tricks» ist die Rede, wie man vertuschen wolle, dass die Erde sich gar nicht so sehr erwärme. Viele sehen darin die Bestätigung dessen, was sie schon immer glauben wollten (weil’s so bequem ist): Die ganze «Klimahysterie» eine einzige Verschwörung von Wissenschaftlern, die nach Forschungsgeldern gieren. «Climategate» wird die Angelegenheit, in Anlehnung an Watergate, bereits genannt. Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen
Blog von der Klimakonferenz Kopenhagen Zürich. Gewiss: Die Bewährungsprobe der neuen deutschen Bundesregierung steht aus, und ob regierungsintern der Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) oder der Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) stärker sein wird, wird sich weisen. Doch zumindest rhetorisch ist doch bemerksenswert, wie viel mutiger Röttgen, Vertreter einer industrienahen Rechtsregierung, auftritt als der schweizerische Bundesrat und sein sozialdemokratischer Umweltminister Moritz Leuenberger, dem keine Autoindustrie und keine so mächtige Energielobby im Nacken sitzt wie Röttgen.
Nicht der Liberalismus steht einer wirksamen Klimapolitik im Wege – wohl aber einige liberale Missverständnisse. – «Neue Zürcher Zeitung» vom 24. November 2009 Klimapolitik und die Freiheit haben es nicht leicht miteinander. Die «Weltwoche» malte bereits einen «Klima-Kommunismus» an die Wand, und der Bundesrat redet, um solche Ängste nicht zu bedienen, die eigene Klimapolitik klein: Diese werde, schreibt er in seiner Botschaft ans Parlament, «keine gravierenden strukturellen Effekte» bewirken. Dabei müsste es doch darum gehen, die Nutzung fossiler Energieträger, des wichtigsten Wachstumsmotors der Wirtschaft, mittelfristig aufzugeben. Kann das ein liberaler Staat seiner Wirtschaft zumuten? Wir müssten «unseren Lebensstil ändern», sagte der Vorsitzende des Uno-Klimarats IPCC, Rajendra Pachauri, bei der Präsentation des jüngsten IPCC-Berichts vor zweieinhalb Jahren, und der Klimaökonom Nicholas Stern fordert den Verzicht auf Fleisch. Kann ein liberaler Staat solches von seinen Einwohnern verlangen?
Interview mit Andreas Fischlin, Klimaforscher an der ETH Zürich und Mitglied der schweizerischen Delegation am Klimagipfel in Kopenhagen, im klimapolitischen Entscheidungsjahr 2009 – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 8. Oktober 2009 ![]() WOZ: Vor zwei Jahren ist der letzte Bericht des Uno-Klimarats IPCC erschienen, an dem Sie mitgearbeitet haben. Was weiss die Klimawissenschaft seither Neues? Andreas Fischlin: Es sind vor allem Erkenntnisse, die darauf hindeuten, dass der Klimawandel sich beschleunigt. Wir hatten zwar beim Verfassen des Berichts bereits das Gefühl, dass es in diese Richtung gehe, konnten es aber noch nicht belegen. Im Jahr 2007, nach der Publikation des Berichts, kam es für mich dann wie ein Schock, Schlag auf Schlag. Beispielsweise schmilzt das arktische Packeis signifikant schneller, als die Modellrechnungen erwarten liessen, und auch in der Antarktis nimmt das Eisvolumen ab – das war im IPCC-Bericht noch nicht klar. Zweitens schwindet die Fähigkeit der Ozeane, CO2 aufzunehmen. Drittens sind die Treibhausgasemissionen schneller gestiegen, als dies das pessimistischste Szenario des IPCC annahm. Der Druck, bis Ende Jahr ein internationales Klimaschutzabkommen zu erreichen, sei enorm, sagt WWF-Klimaexperte Patrick Hofstetter. Die Schweiz riskiere bei den Verhandlungen erstmals in der Rolle einer Bremserin aufzutreten. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 10. September 2009 ![]() WOZ: Ende August hat der Bundesrat seine Botschaft zur Revision des CO2-Gesetzes präsentiert. «Die Schweiz wird zur Bremserin» kommentierte der WWF. Haben Sie etwas anderes erwartet? Patrick Hofstetter: Nachdem der Bundesrat seine Stossrichtung im Mai bekannt gegeben hat, war das im Grossen und Ganzen tatsächlich keine Überraschung. Doch in ein paar Punkten bleibt die Botschaft sogar hinter dem zurück, was wir erwarten mussten. Beispielsweise ist für die Treibhausgase, die nicht aus der Verbrennung von Öl und Gas stammen – etwa Methan oder Lachgas aus der Landwirtschaft – gar keine Regulierung vorgesehen. Immerhin bestätigt der Bundesrat mittlerweile selbst, dass er gemessen an den Erkenntnissen der Wissenschaft eigentlich zu wenig tut. Urs Näf vom Wirtschaftsdachverband Economiesuisse will dem Bundesrat nicht folgen, falls dieser die Reduktionsziele bis 2020 bei dreissig Prozent ansetzt. Er setzt weiterhin auf Eigenverantwortung. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 13. August 2009 ![]() WOZ: Economiesuisse beansprucht, für die ganze Schweizer Wirtschaft zu sprechen. Gibt es da überhaupt einen gemeinsamen Nenner in Sachen Klimapolitik? Urs Näf: Durchaus. Man kann feststellen, dass die Schweizer Wirtschaft die Klimaproblematik ernst nimmt, aber es gibt keine Panik. Man will das Problem als Herausforderung anpacken. Gibt es auch in Branchen keine Panik, die vom Klimawandel sehr stark betroffen sein werden – etwa im Wintertourismus? Nur Visionen statt politischem Klein-Klein bringen uns weiter in der Klimakrise, sagt Nationalrätin Kathy Riklin. Sie fordert eine Klimaschutzstrategie für alle Politbereiche. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 16. Juli 2009 ![]() Kein Zweifel: Ein Thema hat weltweit und in der Schweiz die Politik in den vergangenen Monaten mehr beschäftigt als alle anderen, nämlich die Wirtschaftskrise. Ausgerechnet Thomas Roth, Vertreter des Staatssekretariats für Wirtschaft, sagte in dieser Zeitung aber: «Das Klimaproblem ist das grössere Problem als die gegenwärtige Wirtschaftskrise» (siehe hier). Sehen das die ParlamentarierInnen auch so? Interview mit Thomas Roth vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) im klimapolitischen Entscheidungsjahr 2009 – Thomas Roth will einen effizienten und starken Klimaschutz. Der Ruf nach Effizienz wird gehört, jener nach ehrgeizigen Zielen weniger. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 11. Juni 2009 Die Arbeitsgruppe Klimawandel der Bundesverwaltung umfasst vierzehn Bundesämter. Unter ihnen hat sich das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) besonders hervorgetan: Es lancierte unter dem Stichwort «klimaneutrale Schweiz» einen eigentlichen Gegenvorschlag zur Klimapolitik des Bundesamts für Umwelt (Bafu). Statt die Reduktion der Treibhausgase im Inland vorzuschreiben, solle deren «Kompensation» verordnet werden. Wenn Schweizer Unternehmen Zertifikate aus sogenannten Klimaschutzprojekten vor allem im Ausland kauften, sei das billiger, als wenn sie selber die Emissionen reduzierten. Dafür könne man aufs Ganze gehen und längerfristig alle schweizerischen Emissionen «kompensieren» (Mehr zum Thema CO2-Kompensationen und Emissionshandel hier).
Interview mit Andrea Burkhard, Sektionschefin Klima beim Bundesamt für Umwelt, im klimapolitischen Entscheidungsjahr 2009 – Wissenschaftliche Erkenntnisse, politische Machbarkeit und das Räderwerk der Verwaltung: Andrea Burkhart, Sektionschefin Klima im Bundesamt für Umwelt, will zusätzliche Massnahmen, um den Ausstoss der Treibhausgase zu verringern. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 7. Mai 2009 WOZ: Frau Burkhardt, verlangt Ihre Arbeit viel Frustrationstoleranz?
Andrea Burkhardt: Ich muss schon mit Rückschlägen leben können. Eine Konsensdemokratie arbeitet mit kleinen Schritten. Das ist Knochenarbeit. Sie wissen, was nötig wäre, und Sie wissen, was politisch möglich ist. Dazwischen klafft ein breiter Graben. Ende dieses Jahres soll die Uno in Kopenhagen ein Nachfolgeabkommen für das auslaufende Kioto-Protokoll schaffen. In diesem klimapolitischen Entscheidungsjahr befragt Marcel Hänggi für die WOZ: Andrea Burkhardt, Sektionschefin Klima im Bundesamt für Umwelt (Bafu) Thomas Roth, zuständig für Fragen der Klimapolitik im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) Kathy Riklin, Nationalrätin (CVP/ZH), Präsidentin des Beratenden Organs für Fragen der Klimaänderung (OcCC) und Vizepräsidentin der Parlamentarischen Gruppe Klimawandel Urs Näf, Leiter Wirtschaftspolitik, Bildung und Energie, Economiesuisse Patrick Hofstetter, Leiter Klimapolitik, WWF Schweiz sowie Vertreter der umwelt- und entwicklungspolitischen NGOs in der Schweizer Verhandlungsdelegation an der Klimakonferenz in Kopenhagen Andreas Fischlin, Professor für terrestrische Systemökologie, ETH Zürich, Hauptautor des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) und Vertreter der Wissenschaften in der Schweizer Verhandlungsdelegation an der Klimakonferenz in Kopenhagen Bundesrat Moritz Leuenberger, Verkehrs-, Energie- und Umweltminister, hat seine Interviewzusage leider zurückgezogen. Wir können ihn nun also nicht fragen:
Hans-Werner Sinn, der «Papst des Neoliberalismus», kritisiert die Klimapolitik - und trifft den Nagel auf den Kopf. Man sollte ihn ohne falsche Ängste lesen. – Rezension von «Das grüne Paradoxon» in der «WOZ Die Wochenzeitung» vom 5. März 2009 ![]() Ende dieses Jahres soll in Kopenhagen das neue Abkommen gegen den Klimawandel verabschiedet werden. Dass das erste solche Abkommen, das Kioto-Protokoll, es nicht schaffen wird, die Emissionen zu senken, ist jetzt schon klar. Das liegt sicher nicht daran, dass nichts geschähe. Es geschieht das Falsche: Statt den Klimawandel zu stoppen, scheinen viele Massnahmen lediglich dazu geeignet, aus der vorgeblichen Bekämpfung des Klimawandels Profit zu schlagen. Den einen ist Dennis Meadows ein Idol, den anderen die personifizierte Schwarzseherei. Ein Gespräch über teures Öl, platzende Blasen, die Lernfähigkeit der Menschen und das Kinderkriegen in schwierigen Zeiten. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 6. November 2008
Dass Treibstoffe aus Biomasse Unsinn sind, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Nun taucht eine Pflanze auf, die nur Vorteile haben soll: Jatropha. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 21. Februar 2008 ![]() Jung und selbstbewusst lacht Elsa Pellet vom ganzseitigen Foto. Das «Pro Natura Magazin» hat die Studentin der ETH Lausanne porträtiert als eine, die sich gegen den Klimawandel engagiert: Sie hat ein Büchlein über die Ölfruchtpflanze Jatropha curcas geschrieben, die «beste der Energiepflanzen».* In einer Art Vorspann zum Büchlein tritt ein Skeptiker auf: «Na, übertreib mal nicht, wir kennen all die Mediencoups, mit denen wieder ein neues Wundermittel versprochen wird ...» Worauf die Autorin antwortet: «Und doch ist es wahr.» ![]() Vermutlich hat keine einzelne Person so viel dazu beigetragen, die internationale Klimapolitik zu verwässern, wie ausgerechnet der als Klimaheld gefeierte Al Gore. Als Vizepräsident der USA unternahm er alles, um die Verhandlungen auf einen Pfad zu bringen, der auch für den Kongress in Washington tragbar wäre. Trotz dieser Bemühungen ratifizierte der Kongress das Kioto-Protokoll nicht, sodass wir heute ein durch und durch US-amerikanisch geprägtes Klimaabkommen ohne die USA haben. Vor allem aber brachte Gore - gegen den anfänglichen Widerstand der EU und der meisten Entwicklungs- und Schwellenländer - eine ökonomistische Logik in die Verhandlungen ein, die heute selbst UmweltschützerInnen normal erscheint. Ausdruck davon sind die «flexiblen Mechanismen» des Kioto-Protokolls, also die Möglichkeit, Klimaschutz einzukaufen, statt das Klima selber zu schützen. In seinem Film «Die unbequeme Wahrheit» propagierte Gore schliesslich die bequeme Sicht, die Technologie werde es richten. ÖKONOMISMUS GEGEN UMWELT – Wirtschaftsministerin Doris Leuthard propagiert die «klimaneutrale» Schweiz. Was daran falsch ist. – «WOZ Die Wochenzeitung» vom 11. Oktober 2007 |
AutorMarcel Hänggi, Zürich Themen
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